Advent
Geistlicher Impuls für Dezember 2019
„So ein Stress!“ sagt die Mutter.
„So ein Geschäft!“ sagt der Lebkuchenbäcker.
„So viele Adventsfeiern!“ sagt die Vereinsvorsitzende.
„So viele Türchen im Kalender!“ sagt das Kind mit strahlenden Augen.
Es ist Advent. Eine ganz besondere Zeit im Jahr. Vier Wochen mit mehr Traditionen und Festlichkeit als im ganzen restlichen Jahr. Adventskranz, Kalender mit Türchen, Gebäck, Glühwein, Lieder und Geschichten.
Wir gehen zu auf Weihnachten. Ein Fest, das heute viele Menschen feiern, ob sie nun religiös sind oder nicht. Die Feststimmung reißt alle mit. Entziehen kann man sich dem kaum. Überall blinken und blitzen die Lichter, duften die Gutsle, schmeckt der Glühwein.
Und das alles wegen Weihnachten. Die Adventszeit ist eine Vorbereitung auf dieses große Freudenfest. Der Anlass ist schier unglaublich: In der Weihnachtsgeschichte kommt Gott ganz persönlich zu den Menschen. Nicht laut und prunkvoll, sondern ganz unscheinbar und arm, als Kind in einem Stall.
Wohl aber als Wunder. Denn wenn ein Baby geboren wird, staunen wir. Ein neues Leben beginnt. Ein ganz neuer Mensch. Was wird er wohl alles erleben? Noch ist ungeschrieben, was alles vor diesem Menschen liegt. Noch ist er klein und schwach und braucht noch viele Jahre lang die Unterstützung anderer Menschen. Und doch freuen wir uns riesig. Ein Neugeborenes zieht die Blicke auf sich, wie kaum etwas sonst. Kaum einer, der bei dessen Anblick nicht lächelt.
Genau so kommt Gott an Weihnachten zu uns. Wird ein Mensch, wie du und ich. Ist bei uns angekommen. Ein Wunder mitten unter uns. Darauf will die Adventszeit uns vorbereiten. Sie richtet unsere Herzen und Sinne auf das schier Unglaubliche.
„So eine Freude!“ singen die Engel.
Pfarrerin Valerie Sebert
Alles hat seine Zeit. Auch der November.
Geistlicher Impuls für November 2019
In den letzten Wochen hat eine kleine Sterbewelle die Diakonie Stetten erreicht. Von einigen Bewohnern mussten wir Abschied nehmen und das macht traurig und tut weh. Auf eine Art passt es auch zum November. Diese grauen Wochen mit den kurzen Tagen prägen diesen Monat und lassen uns die Endlichkeit spüren.
November, der Monat zwischen dem goldenen Oktober und dem adventlichen Dezember ist der Monat des Totengedenkens. Beginnend mit dem katholischen Allerheiligen erstrecken sich die Wochen bis zum evangelischen Ewigkeitssonntag am Ende des Monats.
„Alles hat seine Zeit“, so steht es geschrieben im Prediger, im ersten Testament der Bibel. Alles hat seine Zeit… Eine Zeit zum Lachen, eine Zeit zum Weinen, eine Zeit für die Klage, eine Zeit für den Tanz, eine Zeit für das Pflanzen, eine Zeit für das Ernten, eine Zeit um geboren zu werden und eine Zeit zum Sterben.
So hat auch der November seine Zeit. Eine Zeit zum Abschiednehmen. Eine Zeit zum Gedenken an Menschen, an Zeiten, an Lebensetappen, die unwiederbringlich vergangen sind. Das Abschiednehmen und das Gedenken können hart und schmerzhaft sein: Wenn ein geliebter, geschätzter Mensch geht; wenn das Alter seinen Tribut fordert und die Beweglichkeit im Geist und Leib nachlässt; wenn ein Lebensabschnitt zu Ende geht und es unklar ist, was die Zukunft bringen wird.
Der November hat seine Zeit, weil solche Zeiten wichtig sind. Ohne Novemberzeiten würde einiges verloren gehen aus unserer Erinnerung oder gar verschwinden aus unserem Bewusstsein. Darum erinnern wir uns in diesem Monat in der Diakonie Stetten nicht nur an die, die im vergangenen Kirchenjahr aus unserem Kreis Verstorbenen, sondern auch an die Opfer der „Euthanasie“, die vor beinah 80 Jahren ermordet wurden.
Am Sonntag, dem 24. November 2019, dem Ewigkeitssonntag, findet ein Gottesdienst mit anschließender Gedenkfeier der ermordeten Opfer des Nationalsozialismus um 9.30 Uhr in der Schlosskapelle der Diakonie Stetten statt.
Wir stellen der Sterbewelle eine Erinnerungswelle entgegen. Eine Erinnerung an alle, die uns wichtig sind, und eine Erinnerung an alles, was im Leben kostbar ist und auch verschwinden kann. Und letztendlich erinnern wir uns auch mit jeder Abschieds- oder Gedenkfeier an den, der uns die Zeit schenkt; an Gott, bei dem keine Zeit und kein Leben endgültig verloren geht.
Pfarrerin Nancy Bullard-Werner
Danke sagen
Geistlicher Impuls für Okober 2019 - Erntedankfest
Der Herbst ist die Zeit der bunten Wälder, des Indian Summer und der Ernte.
Am 06. Oktober 2019 ist es wieder so weit. Erntedankfest.
Es ist schön, wenn wir solche Feste feiern und uns bewusst für die vielen Chancen
und Möglichkeiten, die sich uns bieten, bedanken.
Vor ein paar Tagen ging ich in Schorndorf zum Bäcker. Gegenüber der Bäckerei
saß ein Mann mit gesenktem Kopf auf dem Steinboden und bettelte.
Ich fragte ihn, ob ich ihm von meinen gekauften Backwaren etwas anbieten darf.
Er hob den Kopf, lächelte mich an, nahm 2 Brezeln und bedankte sich.
Auf meinem Nachhauseweg hat mich die Begegnung nicht losgelassen. Der Mann hat bei mir Gefühle und den nachfolgenden Gedanken ausgelöst. Der Mann macht einen richtig guten Job unter sehr schweren Rahmenbedingungen.
Er erinnert mich daran, wie gut es mir (uns) geht. Und er macht den Job unter schwierigsten Bedingungen. Ich möchte nicht auf dem kalten Steinboden sitzen, stundenlang in der Kälte, nur um Menschen daran zu erinnern, wie gut wir es
eigentlich haben.
Es ist gut, wenn wir uns daran erinnern, dass unser Leben ein Geschenk ist.
Keine Verdammnis, keine Strafe, kein Höllental, das es zu überwinden gilt – aber auch kein Verdienst.
Sondern Geschenk.
Geschenkte Zeit, geschenkte Tage und Zeiten. Unsere Existenz ist eine verdankte Existenz.
Danke Sagen….offenbar ist das keine Selbstverständlichkeit. Nicht umsonst sagen Eltern zu ihren Kindern, wenn sie etwas geschenkt bekommen haben: …. und wie heißt das jetzt?
Und schon der Psalmist stutzt und sagt: vergiss nicht zu danken.
Offenbar vergisst sich das leicht.
Der Schweizer Dichter Max Frisch hat einmal gesagt: man müsse eigentlich ein Tagebuch der Dankbarkeiten führen, weil man sonst als Griesgram durch die Welt laufe.
Haben Sie so ein Tagebuch und haben wir eines, oder sind auch wir nur klug und gut auf der Klaviatur des Klagens:
Fehlendes Geld, fehlende Mitarbeiter, fehlende Anerkennung ….. seien wir doch einmal dankbar über das, was wir haben und können, über das Vertrauen unserer Klienten und der Menschen, die zu uns kommen.
Über das täglich hohe Engagement unserer Mitarbeitenden, über fröhliche Runden im Kollegenkreis, über viele Erfolge, die es ja auch gibt.
Danke sagen, setzt aufmerksames Hinschauen voraus. Und wo das Danke gesagt wird erntet es meistens ein Lachen oder einen Menschen, der sich freut.
Lassen Sie mich enden mit einer Dankelitanei, die etwas ungewöhnlich ist und die ich auf der Homepage des Blauen Kreuzes gefunden habe
Ich bin dankbar...
...für die Steuern, die ich zahle...
Weil das bedeutet, ich habe Arbeit und Einkommen.
...für die Hose, die ein bisschen zu eng sitzt...
Weil das bedeutet, ich habe genug zu Essen.
...für das Durcheinander nach einer Feier, dass ich aufräumen muss...
Weil das bedeutet, ich war von lieben Menschen umgeben.
...für den Rasen, der gemäht, die Fenster, die geputzt werden müssen...
Weil das bedeutet, ich habe ein Zuhause.
...für die laut geäußerten Beschwerden über die Regierung...
Weil das bedeutet, wir leben in einem freien Land und haben das Recht auf freie Meinungsäußerung.
...für die Parklücke, ganz hinten in der äußersten Ecke des Parkplatzes...
Weil das bedeutet, ich kann mir ein Auto leisten.
...für die Wäsche und den Bügelberg...
Weil das bedeutet, dass ich genug Kleidung habe.
...für Müdigkeit und schmerzende Muskeln am Ende des Tages...
Weil das bedeutet, ich bin fähig hart zu arbeiten.
...für den Wecker, der morgens klingelt...
Weil das bedeutet, mir wird ein neuer Tag geschenkt.
Und wenn ich den Mann bei meinem nächsten Einkauf wieder treffe, werde ich mich bei ihm dafür bedanken, dass er mich täglich daran erinnert, wie gut es mir (uns) geht.
Dietmar Prexl
Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Diakonie Stetten e.V.
„Im Garten Gottes“
Aus der Schlosskapelle Predigtreihe: „Gartengeschichten der Bibel“
Liebe Gemeinde,
die Schöpfungsgeschichte im 2. Kapitel des ersten Buches der Bibel (1. Mose) erzählt, dass Gott Himmel und Erde, Tag und Nacht, Land und Wasser, Menschen und Tiere schuf und auch – einen Garten. Laut des Berichts war die erste Wohnadresse der Menschen nicht ein Haus, oder ein Zelt oder ein Höhle, sondern ein Garten. Und Gott, der große Gärtner war so etwas wie der freundliche Verwalter, der ab und zu für ein kleines Schwätzle vorbei schaute.
Und was für ein Garten das war. Das war wie ein Urzeit-Nationalpark. Ein scheinbar endloses Gelände mit prächtigen Bäumen und einem großen Fluss. Und Gott gab den Menschen den Garten als ihre Heimat. Ihr sollt den Garten hegen und pflegen und nutzen und schützen, sagte Gott den Menschen. Denn dort im Garten stimmte die Grundversorgung; dort hatte das Leben einen Sinn und ein Ziel. In der Bibel, wie auch unter vielen anderen Völkern, wurde der Paradies Garten zu einem Gleichnis für ein sorgenfreies Leben der Menschen in der Gegenwart Gottes. Ein Ort, ein Zustand wo Menschen im Einklang mit sich selbst, mit Gott und mit allen anderen Lebewesen leben können.
Kein Wunder ist es also, dass so viele Menschen das Gefühl haben, Gott besonders nahe zu sein, wenn sie draußen in der Natur sind. Und es ist auch kein Wunder, wenn in dem überladenen Fluss des Alltags, das Gespür für das Göttliche um uns herum abstumpft und wir den Blick für Zeichen des großen Gärtners verlieren.
Als ich im Urlaub in Kalifornien vor ein paar Jahren war, machte ich eine Erfahrung, die mir diese verlorene Empfänglichkeit aufs Neue zeigte. Eines Morgens machten mein Mann und ich einen Spaziergang an den Klippen über der Küste. Unter uns am Strand haben wir ein Muster im Sand bemerkt. Ein Künstler hat im feuchten Sand so etwas wie ein Mandala oder einen Zen Garten angelegt. Beeindruckend groß, symmetrisch und komplex war das Muster. Er war klar, dass viele Gedanken, Planung, Zeit und Liebe darin stecken. Doch als wir da standen und das Kunstwerk bestaunten, liefen am Stand entlang, zwei Menschen direkt auf das Muster zu, ohne es zu sehen. Laut und erregt riefen wir von oben, um Vorsicht. Aber tief in ihren Gedanken und ihrem Gespräch versunken hat das Paar uns nicht gehört. Da liefen sie über das Muster, zerstörten es dabei, und haben es gar nicht bemerkt. Entsetzt und traurig erzählten wir später meiner Schwester, die in der Nähe des Strandes lebt, von der Erfahrung. „Ach ja“, sagte sie. „Es gibt einen, der immer wieder solche Muster in den Sand zeichnet. Morgen wird wahrscheinliche wieder eins da sein“.
Ähnlich geht es zu in Gottes Garten. Immer wieder legt Gott schöne Lebens-Muster für uns an. Immer wieder stellt uns Gott Sachen in den Raum, woran wir uns freuen können: Hinweise, Zeichen, Worte oder Gedanken, die uns trösten, stärken, erfreuen oder inspirieren sollen. Immer wieder, verloren im Geschäft des Alltags, übersehen wir, was da ist.
Heute spüren wir die Dringlichkeit und die Not im Garten Gottes – auf unserem blauen Planet, der Erde. Tag für Tag hören wir von Klimawandel, von vermüllten Meeren, vom Waldsterben und von überschrittenen CO2 Grenzwerten. Dass diese Erde, Gottes Garten, in Gefahr ist, wissen wir alle. Fast können wir Gottes Stimme hören – die Stimme, die einst zu Adam, dem Menschen im Garten, gerufen hat - „Wo bist du? Was machst du?“ Wir Menschen haben von Gott Lebenskraft empfangen und zugleich Mitverantwortung für das Gedeihen des Gartens. Das biblische Paradies ist kein Schlaraffenland. Es ist eine Aufgabe für Gärtnerinnen und Gärtner, die das anvertraute Leben lieben und darin Gottes Partnerinnen und Partner sein wollen.
Heute ist der große Gärtner immer noch unterwegs im Garten des Lebens. Weiterhin hegt und pflegt Gott das Leben, setzt Zeichen, winkt uns Menschen zu. Und wie in der Natur, kann Gott auch in uns Menschen manche Einstellungen und manches Verhalten verwandeln und heranwachsen lassen in der Hoffnung auf eine gute Zukunft.
Heute noch sind wir Partnerinnen und Partner des großen Gärtners. Gott gebe uns Kraft und Einsicht, dieses Amt, sei es in unserer Einrichtung oder zu Hause, verantwortlich zu führen.
Amen.
Ihre
Pfarrerin Nancy Bullard-Werner
Alltagshelden
Jahresfestpredigt am 7. Juli 2019, 1. Tim 1, 12- 17
Liebe Gemeinde,
„Unerhört!“ – diese Alltagshelden. Unerhört, weil die Ohren zugehalten werden. Oder: „Unerhört!“ – man stampft innerlich mit Fuß auf. Man empört sich.
Unerhört - diese Alltagshelden.
Alltagshelden sind die, die alltäglich ihr Leben meistern. Der, der jeden Tag in die Werkstatt geht. Und schafft, mit voller Kraft. Wie schwer es auch sein mag, die kleine Schraube an der richtigen Stelle in das Werkstück einzusetzen. Er macht es exakt, auch wenn die Hand nicht immer so tut, wie er möchte. Und das viele Stunden am Tag. Auch wenn’s heiß ist und der Werkstattraum nicht klimatisiert.
Alltagshelden, da ist die Mitarbeiterin, die in liebevoller Zuwendung in der Pflege arbeitet. Die das freundliche Wort nicht vergisst. Spüren lässt, dass sie den Menschen sieht. Und schnell spürt, was gerade in der Seele des anderen vorgeht.
Unerhört - das tut weh. Was ich mir so sehnlichst wünsche, erfüllt sich nicht. Man kommt sich ganz verloren vor. Da hält sich jemand die Ohren zu. Unerhört, was mich plagt. Weil ich nicht weiß, wie ich das fertigbringen soll. Weil ich als Mitarbeiter an meine Grenzen komme.
Kein geringerer als der Alltagsheld Paulus schreibt fast Unerhörtes im 1. Timotheusbrief: Ich danke unserm Herrn Christus Jesus, der mich stark gemacht und für treu erachtet hat und in das Amt eingesetzt, mich, der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war; aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben. Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist. Das ist gewisslich wahr und ein teuer wertes Wort: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, dass Christus Jesus an mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollten zum ewigen Leben. Aber Gott, dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit!
Paulus blickt auf sein Leben zurück. Er stellt fest: Vieles ist in meinem Leben schief gelaufen. Damals, als ich noch Saulus hieß. Er hat Menschen, die ihren Glauben anders lebten und anders ausdrückten als er, vor Gericht gestellt. Mit besonderer Überzeugung bei der Sache. Aber letztendlich hat er sich die Ohren zugehalten.
Unerhört - so ging er mit anderen um. Bis er Gottes Blumen für sich entdeckt. Dass Jesus ihm etwas sagt, zusagt. Du bist, wie jede andere, mein geliebtes Kind. Nimm diese Lebensblume an. Dein Leben soll so aufblühen.
Eine Remstalgartenschau für dein ganzes Leben. Unerhört, wie er nun redet. Er hat völlig neu angefangen. Er erkennt: „Ich habe es unwissend getan, im Unglauben.“ Er war überzeugt, dass er auf der richtigen Seite steht. Fanatisch, dass er nicht einmal vor Gewalt zurückschreckte. Aber nun: Er versucht nicht, sich rauszureden. Er verschweigt nichts. Zählt auf, was er getan hat. Und er sagt: Das ist Unrecht. Das ist Unerhört. Ich bin ein Sünder!
Unerhört, dass er nun sagen kann: „Mir ist Barmherzigkeit widerfahren“ - Barmherzigkeit, das ist eine ganz besondere Blume Gottes für unseren Lebensstrauß. Sie lässt uns barmherzig zur eigenen Vergangenheit stehen. Und es erfordert Mut, zu seinen eigenen Abgründen zu stehen. Alltagshelden sind eben die, die täglich mit ihrer Suchterkrankung ringen. Täglich trocken bleiben. Das fordert Kraft. Zu sich stehen und sich das Leben zutrauen. Das ist barmherziger Umgang mit sich selbst. Das ist mutig.
Und diese Blume, die überreichen wir einander. Ein Herz füreinander haben. Das tut den Mitarbeitenden gut. Die mit tiefer Verbundenheit zum diakonischen Dienst und zum Menschen arbeiten. Und manchmal ist es gewiss nicht einfach. Aber diesen Alltagshelden einfach mal etwas Nettes sagen. Das kann jede und jeder.
In unserer Welt brauchen wir ein Herz füreinander. Wer hat was und wer nichts? Wer flieht aus seiner Heimat, weil der Teller leer bleibt. Weil er keine Zukunft sieht und es eben keinen Platz in der Werkstatt gibt. Und aus lauter Verzweiflung setzt man sich in ein wackeliges Boot im Mittelmeer.
Unerhört - eine Blume zieht die Hände von den Ohren. Öffnet Gesicht und Herz. Erlöst vom schlechten Gewissen. Eine solche Blume - Gnade - überreicht uns Gott. Was ich getan habe, gehört zu meiner Lebensgeschichte.
Und ich bleibe auch als Christ ein Sünder. Und ich bleibe auch als Christ einer, der Gott nicht einfach hat, sondern Gott immer wieder neu suchen muss. Aber so wie ich bin, soll mein Leben blühen. So will ich hören, was andere mir zu sagen haben. Was Paulus sagt: Wir sind keine perfekten
Menschen. Wir machen Fehler. Sind zornig und gehässig manchmal. Aber wir lernen: Über das Hinwegsehen, was jemand falsch macht. Wenn einer zornig ist, ihn einfach auch mal aushalten. Wenn einer mürrisch am Frühstückstisch sitzt, einfach mal lassen. Auch gegenseitig als Mitarbeitende in unseren diakonischen Diensten, in den Wohngruppen der Diakonie Stetten, in den Werkstätten. Manches stehen lassen.
Sünder sein meint hier: An dem Leben, wie Gott es gemeint hat, vorbeigelebt. Wie Paulus so sicher, dass man auf der richtigen Seite steht. Jetzt stellt er fest: Ich habe Gottes Willen vollständig verfehlt. Und dann? Dann geht’s erst richtig los. Denn dann ist Gottes Gnade am Werk. Toll, wie dies mit den Blumen uns allen gezeigt wurde. Geduld erweist Gott uns - sagt Paulus. Weil wir eben manchmal ungeduldig sind. Und wenn nicht etwas sofort geht, dann muss man eben Druck machen.
Eine Gesellschaft, die die Geduld verliert, verliert sich selbst. Weil sie es nicht mehr aushält, dass ein Mensch mit einer Behinderung eben anders sein Leben gestaltet. Dass manches langsamer geht. Dass wir Geduld brauchen. Manchmal auf der Straße. Aber viel mehr noch auf der Straße unseres
Miteinanders. Dass wir sorgfältig und klug neue Wege suchen. Das hat nichts mit Verschlafen zu tun. Wie unsere Unterstützung für Menschen mit Behinderung sich weiterentwickelt, da arbeiten wir intensiv daran. Und wir haben tolle Möglichkeiten. Qualifizierte Alltagsheldinnen und -helden als Mitarbeitende. Und Verantwortliche in der Leitung und Politik.
Unerhört - dass Gott uns das zusagt. Diese Kraft, wir nennen das im Glauben den Heiligen Geist, schenkt uns Christus. Daher nimmt Paulus diesen Mut. So sollen wir unerhört mutig werden. Füreinander. Miteinander. Hier und weltweit einfach einander hören. Der Heilige Geist erinnert uns an die Blumen. Und dann kann man trösten, zum Lachen bringen. Wir haben gute Ideen, hören zu, singen. Und sie wirken in den Alltagshelden. Manchmal sind es wir. Manchmal sind es andere für uns.
Amen
Oberkirchenrat Dieter Kaufmann
Vorstandsvorsitzender
Diakonisches Werk Württemberg
Fest der Kommunikation
Geistlicher Impuls zu Pfingsten 2019
Pfingsten, so könnte man sagen, ist das Fest der Kommunikation.
Kommunikation, Verständigung und Verbindung, ist für uns überlebensnotwendig. Wo Kommunikation misslingt oder fehlt, da drohen Sprachlosigkeit und Gewalt.
Die Diakonie in Deutschland weist mit ihrer Plakataktion und mit vielen Impulsen darauf hin, wie negativ misslingende Kommunikation ist: „Unerhört“ ist das Stichwort.
Zu viele Menschen fühlen sich mit ihren Anliegen nicht angemessen wahrgenommen. Sie fühlen sich nicht gehört mit ihren Klagen, ihren Problemen und über ihre Belastungen würde einfach hinweggegangen. „Unerhört“- solcherart misslungene Kommunikation führe leicht zu Unzufriedenheit, zu Wut und zur Ablehnung der Demokratie mit ihren Regeln und Formen. So ließe sich dann das Erstarken einer nationalistischen, demokratiefeindlichen und „Angst vor Anderen“ schürenden politischen Bewegung in ganz Europa durch ein Kommunikationsversagen erklären.
Ein anderer Weg, weltoffen, völkerverbindend und menschenfreundlich fängt dagegen mit Zuhören an und führt über den Dialog zu gemeinsamen Ideen, Plänen und Lösungen.
An Pfingsten, so erzählt es die Apostelgeschichte, waren die verängstigten Jünger Jesu beieinander. „Was sollen, was können wir schon tun?“, werden sie sich gefragt haben. Jesus war nicht mehr da, Verhaftungen drohten. Da erlebten sie das überwältigende Geschenk des Heiligen Geistes, konnten verstehen und sich verständlich machen, waren auf einmal überzeugend und mitreißend, fanden Gehör und große Zustimmung. Sie erlebten das Glück gelingender Kommunikation, Verständigung und Verbindung zu gemeinsamen Überzeugungen und Verhalten.
Wie sehr könnten wir oft gerade dieses Geschenk gelingender Kommunikation brauchen, zum Beispiel zwischen den Jungen und den Alten, den Starken und den Schwachen, innerhalb der Familien, zwischen Einheimischen und Zugewanderten.
Wieviel mehr könnte in unserem Land gelingen, wenn wir es schaffen würden, uns über unsere guten Absichten und Überzeugungen miteinander zu verständigen und nicht übereinander zu schimpfen und klagen oder aneinander vorbeizureden.
Für eine gelingende Kommunikation kann man viel tun. Sie fängt immer mit der eigenen Offenheit an, dem Hören und Zuhören und der Bereitschaft, den anderen verstehen zu wollen. So haben wir in der Diakonie Stetten die Kommunikation in den Mittelpunkt unseres Führungsverhaltens gestellt. Führung ist und braucht gute Kommunikation!
Sie ist aber, daran glaube ich, immer auch Geschenk -
daran erinnert das Pfingstfest.
Ihr
Pfarrer Rainer Hinzen
Kennen Sie den?
Geistlicher Impuls zu Ostern 2019
Ein Versicherungsvertreter zu einem Kunden: „Versichern Sie sich gegen Unfall! Wenn Sie eine Hand brechen, bekommen Sie von uns sofort 5000 Euro ausgezahlt. Wenn Sie ein Bein brechen, zahlen wir Ihnen sogar 10 000 Euro... Und wenn Sie sich gar das Genick brechen, dann sind Sie ein gemachter Mann!"
Liebe Leserinnen und Leser,
an Ostern erzählen manche Pfarrerinnen und Pfarrer Witze im Gottesdienst. Eher ungewohnt in der Kirche. Es handelt sich dabei aber um eine sehr alte Tradition: das Osterlachen. Es gibt sogar einen lateinischen Begriff dafür: risus paschalis. Das Osterlachen war in manchen Gegenden fester Bestandteil des Ostergottesdienstes schon seit dem 14. Jahrhundert. Dieser Brauch bestand darin, dass der Pfarrer am Ostersonntag einen Witz oder eine lustige Geschichte von der Kanzel erzählte, um die Gemeinde zum Lachen zu bringen. So sollte die Osterfreude zum Ausdruck kommen.
Es ist wirklich ein wunderbares und freudiges Ereignis: Christus ist auferstanden. Der Tod hat nicht das letzte Wort behalten. Die Traurigkeit über das Sterben Jesu ist nicht das Ende der Geschichte. Deshalb darf und soll an Ostern gelacht werden.
Und doch müssen wir alle uns darauf gefasst machen, eines Tages zu sterben. Wir leben jeden Tag mit der Möglichkeit, geliebte Menschen zu verlieren. Da kommen andere Gefühle hoch: Trauer, Verzweiflung, Machtlosigkeit. Uns ist nicht zum Lachen zu Mute.
Darf man das also überhaupt – Witze machen über den Tod? Meistens, wenn wir vom Tod betroffen sind, können wir nicht lachen. Der Tod und was danach kommt, übersteigt unser Vorstellungsvermögen und vor allem entzieht er sich unserer Kontrolle. Wir haben nicht in der Hand, wann wir sterben und schon gar nicht, was danach sein wird. Was wird aus mir? Was wird aus meinen Hinterbliebenen? Das macht vielen Menschen Angst. Unser Leben haben wir gut organisiert, wir planen so viel wie möglich und überlassen wenig dem Zufall. Da verunsichert der Tod, der sich nicht genau festlegen und terminieren lässt. Und wer einen lieben Menschen verliert, der steht unter Umständen völlig hilflos vor dieser neuen Situation und fühlt sich wie gelähmt durch den Verlust.
Auch an Ostern ist also nicht jedem zum Lachen zu Mute. Das Trauern hat seine Zeit und seine Berechtigung. Aber wenn überhaupt, dann kann vielleicht Ostern der Anlass sein, offen zu werden für neue Freude. Offen dafür, dass einer die gängige Erwartung nicht erfüllt hat. Jesus ist einfach nicht in seinem Grab liegen geblieben. Jesus hat gelebt als Mensch und ist gestorben als Mensch, wie du und ich. Er hat sich dem Tod hingegeben - und ist ihm dann wieder entwischt. Jesus hat den Tod links liegenlassen, ist einfach aufgestanden und wieder ins Leben gekommen.
Der auferstandene Jesus hat seine Jüngerinnen und Jünger dann mitten in ihrem Leben aufgesucht. Mitten in dem, was wir alltäglich tun, können wir Auferstehung erleben. Er lebt und auch wir sollen leben! Wir haben Hoffnung, weil wir wissen, Jesus geht uns voraus. Wir folgen ihm nach, im Leben, im Sterben und schließlich im Auferstehen.
Deshalb steht an Ostern die Freude im Mittelpunkt. Lachen kann Ausdruck von Auferstehung sein: Auferstehung aus dem Traurigsein. Eine Auferstehung von der Niedergeschlagenheit zu einem aufrechten Blick auf das, was kommt.
Lachen ist eine Möglichkeit, sich dem Unglaublichen der Auferstehung zu nähern. Deshalb:
Der Papst ist mit seinem Chauffeur unterwegs. „Mein Sohn, ich bin der Papst und man lässt mich nichts mehr machen. Einmal in meinem Leben möchte ich noch selbst Auto fahren. Wechseln wir den Platz!“
Gesagt, getan, der Papst fährt – aber leider zu schnell. Ein Polizeiauto hält ihn an. Der Polizist sieht den ertappten Verkehrssünder, wird blass und ruft seinen Chef an:
„Was soll ich tun?“ „Strafen natürlich“, lautet die barsche Antwort. „Aber nein, das geht nicht, es ist eine sehr hohe Persönlichkeit …!“ Der Chef stutzt: „Wer soll das denn sein? Ein wichtiger Politiker?“ Der Polizist: „Ein Politiker? Viel höher!“ Darauf wieder der Chef: „Lächerlich, wer soll das denn sein?“ Darauf der Polizist: „Ich weiß es auch nicht genau, aber der Papst ist sein Chauffeur!“
Frohe Ostern!
Ihre Pfarrerin Valerie Sebert
„Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen.“
Geistlicher Impuls zur Passionszeit 2019
Liebe Leserinnen und Leser,
die Zeit von Aschermittwoch bis Karfreitag heißt in der kirchlichen Tradition „Passionszeit“.
In diesen Wochen wird in den Gottesdiensten und vielen Veranstaltungen an die letzten Tage und Wochen des Wirkens Jesu bis hin zu seiner Kreuzigung gedacht.
Und ebenfalls traditionell gelten diese Wochen als Fastenzeit. Warum Fasten? Weil der bewusste Verzicht auf etwas, das sonst selbstverständlich für uns ist, dazu führen soll, insgesamt bewusster zu leben und dadurch eben auch mehr Sinn für das Nachdenken über die Passion Jesu zu haben.
Seit einigen Jahren gibt es in diesem Sinn eine Aktion im Raum der evangelischen Kirche, die diesen Aspekt der Besinnung durch Verzicht in den Vordergrund gerückt hat und jedes Jahr unter dem Motto „Sieben Wochen ohne…“ ein Thema zur Besinnung herausstellt.
In diesem Jahr lautet das Motto: „Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen.“
Auf den ersten Blick ein ungewöhnliches Fastenmotto.
So, als ob die Lüge eine Angewohnheit wäre wie Rauchen, Alkohol, Süßigkeiten oder Kaffee.
Aber ich denke, bei genauerem Nachdenken passt dieses Motto schon.
Zunächst mal passt es zur Passion, also zur Leidensgeschichte Jesu.
War er doch eingewoben in ein unsichtbares Netz von Lügen, Täuschungen, Halbwahrheiten, Verleugnung und Verrat.
- Die Menschen feierten ihn beim Einzug in Jerusalem, aber wenig später schreien sie: Kreuziget ihn. Wie ehrlich und verlässlich also ist der Jubel und der Ruhm, wie schnell schlägt Begeisterung in Ablehnung um?
- Die Jünger feiern das Abendmahl mit Jesus, aber einer sitzt dabei, der Jesus verraten wird. Wie ehrlich und verlässlich sind Freunde und gehen sie miteinander ohne Hintergedanken um?
- Judas gibt Jesus einen Kuss und verrät ihn damit. Ist der Kuss nicht ein starkes Zeichen der Zuneigung – wieviel Arglist besteht darin, gerade dieses Zeichen zum Mittel des Verrats zu machen?
- Petrus verleugnet Jesus, bevor der Hahn dreimal kräht. Vertreibt die Angst die Wahrheit? Kann man Lügen verstehen, die „Notlügen“ sind, weil einer große Angst hat?
- Pilatus verurteilt Jesus, obwohl er ihn für unschuldig hält. Aber rechtfertigen vermeintlich höhere politische Zwecke die Ermordung eines Unschuldigen?
Und während dieses unsichtbare Netz aus Unwahrhaftigkeit Jesus ans Kreuz brachte, frage ich mich, was es mit uns allen macht, dass wir in einer Welt leben, in der Lügen, Täuschungen, Ausflüchte, Verdrehungen, „fake news“, Desinformationen, Unwahrheiten, Halbwahrheiten, Übertreibungen, Verfälschungen und Vertuschungen alltäglich geworden sind. Nicht zuletzt alltäglich, weil es ein „Netz“ gibt, das mittlerweile elektronisch, digital und wirksam unser Leben durch die ständige Verfügbarkeit und Aktivität beeinflusst.
Da ist es schwierig geworden, überhaupt noch zu unterscheiden zwischen wahr und unwahr, zwischen Fakt und Meinung, zwischen Arglist und Redlichkeit. Bedenken wir also in der Passionszeit, wie Lüge, Unredlichkeit und politisches Kalkül zum Unrecht und zur Ermordung eines Unschuldigen führten.
Und jedesmal, wenn wir in den nächsten Wochen,
- aus Höflichkeit antworten würden: „Mir geht’s gut“ oder „Lecker!“,
- wo wir entrüstet den Kopf geschüttelt hätten: „ich war’s nicht“ oder „dafür bin ich doch nicht verantwortlich“
- wo wir behaupten wollten: „ich habe keine Zeit“
- wo wir sagen würden: „das macht mir gar nichts aus“ oder „alles ist gut“
könnten wir im Sinne des Fastenmottos eine ehrlichere Antwort versuchen.
Dann würden wir schon bei diesen kleinen „Alltagslügen“ merken, wie schwer es ist, immer ehrlich zu sein.
Dann würden wir aber vielleicht auch merken, wie gut das tut. Wieviel Verständnis wir bekommen, wieviel offener unsere Kommunikation wird und um wieviel mehr wir dahin kommen, Probleme nicht zu verdrängen und vertuschen, sondern sie zu lösen.
Vielleicht führt das auch dazu, dass wir uns nicht täuschen lassen von denen, die behaupten, dass die Lüge eben selbstverständlich zu Politik und moderner Internet-Kommunikation dazugehört. Vielmehr bleibt es wahr: die Lüge führt zu Unrecht und Ungerechtigkeit und in letzter Konsequenz zum Tod von Unschuldigen.
Darum ist es ein sehr gutes Fastenmotto: „Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen.“
Ihr
Pfarrer Rainer Hinzen
Suche den Frieden und jage ihm nach
Geistlicher Impuls zur Jahreslosung 2019
Sind Sie heute schon auf der Jagd gewesen? Nicht auf der Jagd nach Essbarem. Waren Sie schon auf der Jagd nach Frieden?
Vielleicht sind Sie jetzt irritiert: Die beiden Begriffe Frieden und Jagd scheinen auf den ersten Blick nicht gut zusammenzupassen. Und doch lautet die Jahreslosung für 2019:
Suche Frieden und jage ihm nach. (Psalm 34, 15)
Der Jahreswechsel ist für viele ein Zeitpunkt, um das eigene Leben einmal zu betrachten und zu überprüfen, welche Gewohnheiten sich eingeschlichen haben und ob diese eigentlich gut und richtig sind. Wie lebe ich? Bin ich mit mir selbst im Reinen?
Die Frage lässt sich auch anders formulieren: Lebe ich in Frieden? Politisch gesehen ja, Deutschland ist kein Kriegsgebiet. Aber leben Sie in Frieden mit sich selbst, mit ihrem Lebensentwurf, mit den Grundbedingungen, so wie Sie sie jeden Tag vorfinden? Sind Sie insgesamt zufrieden damit, wie Sie Ihre Lebenszeit füllen?
Wer Frieden sucht, ist gut beraten, zunächst bei sich selbst anzufangen. Alles Streben nach Frieden braucht zunächst Frieden im Herzen und im Denken. Oft assoziieren wir bei dem großen Wort Frieden gleich den Frieden der Völker und Nationen. Aber der Satz aus dem Kontext von Psalm 34 ist vielmehr auf das eigene Leben in Frieden mit sich selbst und mit Gott ausgerichtet.
Es lohnt sich, seinem eigenen Frieden nachzujagen. Es ist gut, mit Eifer nach Zufriedenheit zu streben. Es hat nichts mit Selbstsucht zu tun, wenn einem dieses Ziel wichtig ist. Erst, wer im Frieden mit sich selbst lebt, kann sich auch dafür öffnen, anderen wirklich zu begegnen. Erst, wer im Reinen mit sich selbst lebt, hat Kapazitäten dafür, wahrzunehmen, was andere brauchen.
Auf der Jagd nach dem Frieden geht es darum, diesen Zustand von ganzem Herzen zu suchen. Frieden heißt: gutes Leben wird möglich. Die eigene Zufriedenheit hat dabei einen hohen Stellenwert. Jede und jeder muss zunächst auf sich selbst achten. Wer sich leidenschaftlich auf diese Jagd einlässt, der kann in umfassendem Frieden einen guten Lebensraum finden. Wer sich so auf die Suche nach Frieden begibt, wird offen für eine Beziehung zu Gott. Und wer für sich selbst Frieden gefunden hat, der kann sich auch anderen Menschen zuwenden. So wird Frieden vielleicht irgendwann auch unter den Menschen erlebbar.
Lasst uns also auf die Jagd gehen. Und dann, lasst uns die Beute miteinander teilen.
Pfarrerin Valerie Sebert