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Teams profitieren unendlich davon - Zwölf neue Moderatoren für ethische Fallbesprechungen ausgebildet
Kernen-Stetten, 6. November 2023 – In einer Einrichtung wie der Diakonie Stetten sind ethische Entscheidungen oft von großer Tragweite, denn sie betreffen die Menschen, die hier betreut werden und geben deren Leben eine bestimmte Richtung. Aktuell werden zwölf neue Moderatorinnen und Moderatoren für ethische Fallbesprechungen geschult. Die ausgebildeten Mitarbeitenden sollen später in ethischen Konfliktsituationen zur Seite stehen und mithilfe eines moderierten ethischen Fallgesprächs Lösungsempfehlungen für Klientinnen und Klienten, Mitarbeitende und Angehörige abgeben.
Pflegende und Betreuungskräfte sind häufig mit schwierigen Situationen und Entscheidungen konfrontiert. Ihr Handeln unter ethischen Gesichtspunkten zu reflektieren, kommt im Berufsalltag oft zu kurz. Ethische Fallbesprechungen bieten eine Möglichkeit, in Konfliktsituationen für Betroffene, Mitarbeitende und Angehörige Lösungen zu bieten und schwierige Situationen in einen größeren Rahmen zu stellen.
Insgesamt zwölf Mitarbeitende aus verschiedenen Bereichen der Diakonie Stetten nahmen an der mehrtägigen Weiterbildung teil, die den inhaltlichen und formalen Vorgaben der „Ethikberatung im Gesundheitswesen“ der Akademie für Ethik in der Medizin folgt. „Es braucht manchmal Orte, an denen man über bestimmte Themen strukturiert nachdenkt, an denen man konkrete ethische Fragen formuliert und gemeinsam im Team auf neue Ideen kommt. Das hinterlässt für alle Beteiligten ein Gefühl von Sicherheit“, sagt Pfarrer Thomas Mäule, der zertifizierter Ethikberater ist und die Weiterbildungen für die angehenden Moderatorinnen und Moderatoren leitet. In einer insgesamt sechstägigen Weiterbildung, die aus 32 Lehreinheiten und 16 Lehreinheiten Moderationstraining sowie einer begleiteten achtmonatigen Praxisphase besteht, lernen die Mitarbeitenden ethische Fallbesprechungen eigenverantwortlich durchzuführen. „Um anhand realer Konfliktsituationen zu üben, beschrieben die Mitarbeitenden schwierige Situationen aus ihrem eigenen Arbeitsbereich. Gemeinsam im Team spielten sie ethische Fallgespräche durch und dachten über Lösungsempfehlungen nach“, berichtet Pfarrer Thomas Mäule, der viele Jahre in der Evangelischen Heimstiftung die Ethikberatung etablierte.
So ging es zum Beispiel um eine ältere Frau mit Behinderung, deren Weglauftendenz, Verkehrsunsicherheit und Erkrankung die Mitarbeitenden beschäftigte. „Die Bewohnerin hat ein hohes Autonomiebedürfnis. Andererseits ist sie durch einen Schlaganfall und Diabetes erkrankt. Wir Mitarbeitenden wollen Sicherheit für die Bewohnerin und auch für uns als Verantwortliche. Das führt zu Spannungen“, berichtete eine der angehenden Moderatorinnen aus ihrer täglichen Arbeit bei der Weiterbildung. Im nachgestellten ethischen Fallgespräch übten die Moderatorinnen und Moderatoren Empfehlungen zu erarbeiten, die für alle Beteiligten tragbar sind. „Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Bewohnerin aufgrund ihres Freiheits- und Bewegungsdranges loslaufen kann, wenn sie sich abmeldet“, erklärt Pfarrer Thomas Mäule. Selbstbestimmung und Lebensqualität stünden hier im unauflöslichen Spannungsfeld von Fürsorge und jeder Fall sei anders.
Illona Melchert-Eberle aus dem Alexander-Stift und Markus Saborowski aus dem Wohnbereich der Diakonie Stetten sind angehende Moderatoren und fanden die ersten Schulungen „sehr spannend“. „Es ist ein großer Unterschied, ob man in einen Fall involviert ist oder ob man von außen auf die Situation schaut“, sagt Illona Melchert-Eberle und ihr Kollege Markus Saborowski findet: „In unserer Arbeit sind wir täglich mit ethischen Fragestellungen konfrontiert, bei denen wir uns auch selbst in Frage stellen müssen. Da sind ethische Fallbesprechungen ein hilfreiches Instrument“.
Pfarrer Thomas Mäule hat in seiner jahrelangen ethischen Arbeit die Erfahrung gemacht, dass „durch präventive und moralisch entlastende Maßnahmen die Berufszufriedenheit“ gestärkt wird. „Ethische Fallbesprechungen dienen der Reduktion des moralischen Belastungserlebnisses und Pflegende können gelassener sein, da der Einzelne in der Verantwortung entlastet wird. Dadurch ist die Berufsverweildauer höher und die Teams profitieren unendlich davon“. Und für Betroffene gäbe es doch nichts Schlimmeres, wenn nichts entschieden werde. So unterstützten ethische Fallbesprechen darin, dass alle Beteiligten ein gutes Gefühl hätten.