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Ungleichbehandlung der Pflegekräfte ist inakzeptabel - Geschäftsführerin des Alexander-Stifts fordert wirkungsvollen Infektionsschutz anstelle symbolischer Regelungen
Kernen-Stetten, 09. August 2022 – Die in der Vorwoche von den Bundesministern für Gesundheit sowie für Justiz vorgestellten Corona-Regeln für den Herbst sind aus Sicht des Alexander-Stifts und weiterer diakonischer Altenhilfe-Träger in Württemberg unzureichend. So fehlen etwa Informationen zum weiteren Umgang mit der einrichtungs-bezogenen Impfpflicht im neuen Regelkatalog.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt noch bis zum 31.12.2022 und soll möglicherweise verlängert werden, was das neue Regelwerk aber offenlässt. Klar ist jedoch, dass bereits ab Anfang Oktober verschärfte Vorgaben zum erforderlichen Immunstatus gelten. Ab diesem Datum gelten Mitarbeitende der betroffenen Einrichtungen nur noch dann als vollständig geimpft, wenn sie eine Booster-Impfung erhalten haben oder zweimal geimpft und einmal genesen sind.
Für Gaby Schröder, die Geschäftsführerin des Alexander-Stifts, ist das politische Festhalten an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und ihre Verschärfung nicht nur ungerecht, sondern aus mehreren Gründen unsinnig: „Unsere Personalsituation ist durch den Fachkräftemangel und durch Corona-Quarantänen ohnehin schon zum Zerreißen angespannt. Durch die Verschärfung und bei einer möglichen Verlängerung müssen wir mit weiteren Kündigungen rechnen. Obendrauf bekommen wir noch zusätzliche Probleme, Fachkräfte und Auszubildende zu finden. Abgesehen davon ist die Impfpflicht völlig wirkungslos und unsinnig, wenn sie nur für die Mitarbeitenden und nicht für die Bewohner und Besucher gilt. Der Schutz vulnerabler Gruppen in unseren Einrichtungen und Diensten kann mit dieser eher symbolischen Regelung nicht gewährleistet werden. Im Übrigen sind im Alexander-Stift über 95 % der Mitarbeitenden mindestens zweimal geimpft.“ Einen wirkungsvollen Infektionsschutz leistet, so Schröder, stattdessen eine Kombination aus hoher Impfquote bei Mitarbeitenden und Bewohnern, lückenloser Testung, konsequentem Maskentragen und medizinischer Kompetenz der Fachkräfte. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht müsse deshalb so schnell wie möglich ausgesetzt und dürfe keinesfalls verlängert werden: „Die völlig überzogene Ungleichbehandlung unserer Pflegekräfte ist inakzeptabel. Jeder weiß, dass eine Impfung eine Weitergabe des Virus nicht verhindert. Warum müssen sich Pflegekräfte impfen lassen, nicht aber die Senioren, die sie betreuen, oder die allgemeine Bevölkerung?“
Das Festhalten an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht hat laut Schröder aber auch schwerwiegende Folgen für die Senioren mit Pflegebedarf und ihre Familien. „In der momentanen Situation sehen wir uns nicht in der Lage, die Versorgung nachhaltig sicherzustellen. An einigen Stellen sind wir trotz hoher Nachfrage gezwungen, freie Pflegeplätze oder ganze Pflegebereiche zeitweise zu schließen, weil uns das Fachpersonal fehlt“, warnt Schröder und ergänzt: „Die unklare Situation bringt für uns als Einrichtungsträger auch enorme wirtschaftliche Risiken mit sich. Wir brauchen dringend einen neuen Rettungsschirm für die Pflege, um diese Risiken abzufedern.“
Mit ihrer Forderung nach einem Ende der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und einem Rettungsschirm für die Pflege weiß Schröder auch die Geschäftsführungskollegen der mehr als 250 Pflegeheime der Diakonie in Württemberg hinter sich, die derzeit mit gleichlautenden Forderungen ebenfalls an die Öffentlichkeit gehen.
Auch die im Württembergischen Evangelischen Fachverband für Altenhilfe (WEFA) zusammengeschlossenen Träger stationärer Einrichtungen und der Landesverband der Diakonie und Sozialstationen e.V. warnen vor Personalengpässen: „In der momentanen Situation sehen wir uns nicht in der Lage, die Versorgung nachhaltig sicherzustellen und sind gezwungen, die ambulante Versorgung und die Belegung in den stationären Einrichtungen an die vorhandenen Kapazitäten anzupassen. Dies kann nur durch Aufnahmestopp und temporäre Schließung von einzelnen Pflegeplätzen oder ganzen Bereichen erfolgen. Nur dadurch kann die Qualität der Versorgung der Menschen in den Diensten und Einrichtungen sichergestellt werden.“ Zwar müssen Besucherinnen und Besucher einer Pflegeeinrichtung ab Herbst wieder einen negativen Corona-Test vorlegen. Für diese Maßnahmen braucht es jedoch wiederum eine vollumfängliche Refinanzierung sämtlicher Personal- und Sachkosten in den Einrichtungen der stationären Altenhilfe. „Die wirtschaftlichen Risiken durch die Corona-Pandemie bestehen weiter, mit drohenden Personalengpässen und ohne einen zusätzlichen Pflege-Rettungsschirm lassen sich diese Regeln nur schwer umsetzen“, so Dr. Kornelius Knapp, Vorstand Sozialpolitik des Diakonischen Werks Württemberg.