- Diakonie Stetten
- Neuigkeiten
Sich auf den Menschen einlassen
Am 6. März ist Europäischer Tag der Logopädie. Henrike Fixl ist seit 18 Jahren Logopädin in der Diakonie Stetten und bietet dort vielfältige logopädische Unterstützung für Kinder und Erwachsene mit und ohne Behinderungen. Wie die Wissenschaft, beobachtet auch die Logopädin eine allgemeine Zunahme an Sprachenwicklungsstörungen. Durch frühzeitige und gezielte therapeutische Förderung kann Einschränkungen der Kommunikationsfähigkeit erfolgreich entgegengewirkt werden.
Der achtjährige Peter Müller* kommt gerne zu Henrike Fixl in den Therapieraum des Gesundheitszentrums der Diakonie Stetten. Hier gibt es ein großes Puppenhaus aus Holz mit allerlei Möbeln, riesige Wimmelbücher und eine schier endlose Auswahl an Spielen. Der Junge kam mit einer leichten geistigen Behinderung zur Welt und hat eine Sprachentwicklungsstörung sowie einen eingeschränkten Wortschatz. Er kann das „k“ nicht richtig aussprechen und ersetzt es daher durch ein „t“. „Auf was hast du heute Lust?“, fragt ihn Henrike Fixl und Peter zeigt sogleich auf ein Spiel in der Spielesammlung. „Das ist mein Lieblingsspiel“, sagt er und packt die Karten aus. „Was ist das?“, fragt ihn Henrike Fixl und zeigt auf eine Karte mit einem Doktor. Anschließend soll Peter den Doktor auf einer Seite mit Bildern suchen. „Und was macht der Doktor gerade?“, fragt ihn die Logopädin.
Henrike Fixl arbeitet mit den großen und kleinen Patientinnen und Patienten auf spielerische Weise. „Bei Kindern und auch Menschen mit Behinderungen ist es besonders wichtig, dass man eine einfache Sprache wählt“, weiß die 63-Jährige, die mit Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Kindern aus der Diakonie Stetten, aber auch externen Patientinnen und Patienten arbeitet. Die Menschen, die zu ihr kommen, haben Sprachentwicklungs- oder Schluckstörungen, einen eingeschränkten Wortschatz, können verschiedenste Laute nicht aussprechen oder haben Stimmprobleme. So kommen z. B. auch immer wieder Lehrende, weil sie aufgrund ihres Berufes eine hohe Stimmbelastung haben. „Ich habe im Laufe der vergangenen Jahre beobachtet, dass es eine Zunahme an Defiziten bei der Sprachentwicklung gibt. Das kann einerseits damit zusammenhängen, dass immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland leben.
Andererseits aber auch damit, dass viele Kinder täglich viel Zeit vor dem Fernseher, dem Computer oder mit dem Handy verbringen und häufig sind Eltern der Meinung, hierdurch würde die Sprache des Kindes gefördert. Das ist aber nicht so, da dabei keine Kommunikation stattfindet“, sagt Henrike Fixl.
Die Logopädin entscheidet meistens spontan, was sie in der 45-minütigen Therapiestunde macht: „Man muss sich auf die Person einlassen und auch schauen, wie es ihr an diesem Tag geht. Wichtig ist außerdem, die Menschen nicht zu überfordern, sonst machen viele dicht“. So kann es z. B. sein, dass Henrike Fixl ein Kind einfach mal für eine Weile mit dem Puppenhaus spielen lässt, zuschaut und mit gezielten Fragen die Kommunikation anregt. „Ein Mädchen hat anfangs nur Laute von sich gegeben und kein Wort gesprochen. Unter anderem durch das Spiel mit dem Puppenhaus und meine Fragen fängt sie jetzt an, sich nach und nach verbal zu äußern“. Manchmal ist innerhalb der Therapiestunde auch eine Pause nötig. „Menschen mit Behinderungen können sich meistens nicht so lange konzentrieren und auch immer mehr Kinder schweifen nach einer Weile ab“. Dann packt Henrike Fixl den Ball aus, macht ein Brettspiel oder eine andere Übung. Ebenso ist es bei der Therapie über mehrere Monate: „Ich empfehle dann zwischendrin auch mal eine Pause von beispielsweise einem halben Jahr“.
Momentan haben Henrike Fixl und ihre beiden Mitarbeitenden keine Kapazitäten mehr für weitere Patientinnen und Patienten. Sie kennt den Mangel an Logopäden, „denn in Stuttgart gibt es nur zwei Privatschulen“. Zudem spricht sie sich dafür aus, dass Logopädie mit Menschen mit Behinderungen zu den Ausbildungsinhalten gehören sollte. „Ich hatte bei meiner Ausbildung Glück und konnte während der Praxisphase mit einem Kind mit Down-Syndrom arbeiten. Das gehört im Normalfall jedoch nicht zur Ausbildung. Ich habe mich deshalb dafür entschieden, auch mit Menschen mit Behinderungen zu arbeiten“. Grundsätzlich liebt Henrike Fixl ihren Beruf: „Bei der Arbeit mit Menschen wird es nie langweilig. Jeder Tag birgt etwas Neues“.
*Name von der Redaktion geändert