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Schwarzer-Peter-Spiel auf dem Rücken der Menschen mit Behinderung?

Diakonie Stetten prangert in einem Offenen Brief an die Landespolitik an, dass durch ein „Hin- und Hergeschiebe“ von Verantwortung zwischen Land und Kommunen Menschen mit Behinderung und die Träger der Eingliederungshilfe in Baden-Württemberg systematisch benachteiligt werden.

Kernen-Stetten, 29. Januar 2021 – Während Corona-bedingte Mehraufwendungen der Pflegeheime und Krankenhäuser über das Krankenhausentlastungsgesetz unbürokratisch erstattet werden, warten die Träger der Eingliederungshilfe in Baden-Württemberg noch immer auf ein Signal der Kostenträger, dass ihre enormen finanziellen Mehrbelastungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie anerkannt und erstattet werden. Dies stellt die Einrichtungen und ihre Angebote für Menschen mit Behinderung vor enorme Probleme. Damit werden Menschen mit Behinderung in Baden-Württemberg systematisch benachteiligt. Während andere Bundesländer pragmatische Lösungen gefunden haben, wird speziell in Baden-Württemberg die Verantwortung zwischen Land und Kommunen hin- und hergeschoben.

Einrichtungen der Eingliederungshilfe erhalten in anderen Bundesländern wie z.B. Nordrhein-Westfalen einen Kostenersatz auf Grundlage des Krankenhausentlastungsgesetzes, während die in Baden-Württemberg als Kostenträger zuständigen Stadt- und Landkreise eine Kostenerstattung bislang unisono verweigern und auf das Land verweisen. Die Landesregierung wiederum verweist auf die formale Zuständigkeit der Stadt- und Landkreise und lehnt ihrerseits eine weitere Kostenbeteiligung, über die bislang geflossenen Transferleistungen an die Kommunen hinaus, ab.

Sozialminister Lucha verweist darauf, dass es sich um eine gesetzliche Pflichtaufgabe der Stadt- und Landkreise handelt. Deshalb hat sich die Diakonie Stetten gezwungen gesehen, eine Klärung auf dem Rechtsweg einzuleiten. Gleichzeitig hat sie sich an die Landespolitik gewandt und angefragt, was das Land Baden-Württemberg unternimmt, damit die Pflichtaufgabe der Kommunen gesetzeskonform vollzogen wird.

Einrichtungsträger wie die Diakonie Stetten leiden in mehrfacher Hinsicht unter den Belastungen der Corona-Krise. Zu den vielfältigen Belastungen für Klienten und Mitarbeitende im Zusammenhang mit den Infektionen und mit den Einschränkungen des Alltags kommen finanzielle Belastungen durch Zusatzausgaben für umfangreiche Hygiene- und Schutzmaßnahmen und zusätzlich notwendiges Personal. Neben diesen Corona-bedingten Mehrkosten hat sie zudem erhebliche Einnahmeeinbußen zu beklagen - unter anderem weil Produktionsaufträge von Firmen in den zeitweise geschlossenen Werkstätten nicht bearbeitet und freie Wohnplätze in den Wohneinrichtungen zeitweise nicht wieder belegt werden konnten. Mehrkosten und Mindereinahmen, die sich, Stand Januar 2021, allein in der Diakonie Stetten auf mehr als 8.000.000 Euro summieren.

Damit existiert in Baden-Württemberg eine systematische Benachteiligung der Menschen mit Behinderung und der Einrichtungen der Eingliederungshilfe gegenüber anderen Bereichen der staatlichen Daseinsvorsorge. Angesichts dieser Benachteiligung und der ohnehin großen Herausforderungen in der Eingliederungshilfe durch das neue Bundesteilhabegesetz, die UN-Behindertenrechtskonvention und die Landesheimbauverordnung sieht die Diakonie Stetten ihre Arbeit für Menschen mit Behinderung im Rahmen der staatlichen Daseinsvorsorge bedroht. Sie befürchtet, dass perspektivisch einige Angebote durch die finanziellen Folgen der Corona-Krise nicht mehr aufrechterhalten werden könnten.

Deswegen fordert der Vorstandsvorsitzende Rainer Hinzen: „Dieses unwürdige Schwarze-Peter-Spiel muss endlich beendet werden. Die systematische Benachteiligung der Menschen mit Behinderung und der Eingliederungshilfe in Baden-Württemberg muss dringend gestoppt werden. Alle Beteiligten müssen jeweils ihre Verantwortung in vollem Umfang übernehmen und damit aufhören, nur auf Andere zu verweisen.“

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