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Remstal Werkstätten orientieren sich im Zuge der Corona-Pandemie neu - Einzelne Angebote werden im Rahmen der Neuorientierung nicht mehr fortgeführt

Kernen-Stetten, 18. Dezember 2020 – Die Remstal Werkstätten der Diakonie Stetten haben die coronabedingte Schließung einzelner Angebote genutzt, um sie grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Die zu den Werkstätten gehörenden Fundgrube-Läden, die Briefmarkenstelle, der Hausbelieferungs-Service und das Café Entrée in Fellbach bleiben auch nach dem Ende der Pandemie geschlossen und werden nicht weiterbetrieben.

Die Corona-Verordnung des Landes hatte in der ersten Jahreshälfte 2020 dazu geführt, dass nahezu alle Arbeits- und Beschäftigungsangebote der Remstal Werkstätten monatelang geschlossen waren. Für die Menschen mit Behinderung fand die Tagesbetreuung in den Wohngruppen statt. An einzelnen Werkstattstandorten gab es eingeschränkte Notbetreuungsangebote für Klienten, die nicht in der Diakonie Stetten wohnen.  Während in den Werkstätten die Arbeit im Sommer nach und nach wieder vorsichtig angelaufen ist, blieben einzelne Angebote mit regelmäßigem Kundenkontakt weiter geschlossen. Aus Vorsicht, aber auch um zu überprüfen, ob sie unter den neuen Rahmenbedingungen weiterbetrieben werden können. Nach Abschluss dieser Überprüfung ist die Entscheidung gefallen, einzelne Angebote nicht weiter fortzuführen.

Die Fundgrube-Läden, die an den Standorten in Stetten und in Waiblingen gespendete Second-Hand-Artikel, insbesondere Bekleidung, verkaufen, bleiben ebenso wie die Sachspendenannahme geschlossen. Die vorhandenen Räume entsprechen laut Überprüfung zum Großteil nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen der Arbeitsstättenrichtlinien und des Brandschutzes. Ein Umbau oder ein Umzug in geeignete und bezahlbare Ersatzräume wurde geprüft, aber ist nicht möglich. Hinzu kommt, dass neben qualitativ wertigen Sachspenden zunehmend auch unverkäufliche Ware gespendet wird, die zu hohen Eigenkosten entsorgt werden muss. Auch die Briefmarkenstelle in Stetten, die viele Jahre lang aus gespendeten Briefumschlägen Briefmarken zum Verkauf an Sammler aufbereitet hatte, bleibt wegen veränderter Arbeitsgrundlagen geschlossen – aufgrund der im Zeitalter von E-Mail stark rückläufigen Briefmarkenspenden und weil die Zahl der interessierten Sammlerkunden allein schon aus demografischen Gründen stark abnimmt. Der ursprüngliche Zweck dieser Angebote, durch den Verkauf der gespendeten Artikel die Arbeit für Menschen mit Behinderung zu unterstützen, kann somit unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr verwirklicht werden.

Auch das im Fellbacher Rathaus-Areal angesiedelte inklusive Café Entrée - bei Gästen sehr beliebt und ein Baustein des inklusiven Profils der Stadt – bleibt geschlossen. Durch Corona ist der Betrieb ohnehin schon auf absehbare Zeit nicht mehr möglich oder wäre zumindest stark eingeschränkt. In der Zeit vor der coronabedingten Schließung waren dort vier Mitarbeiter mit Behinderung und drei Mitarbeiter ohne Behinderung beschäftigt. Für einen langfristigen Betrieb unter Werkstattbedingungen wäre es laut Überprüfung aber notwendig, die doppelte Anzahl von Mitarbeitern mit Behinderung zu beschäftigen. Anders als im zweiten Cafée Entrée der Remstal Werkstätten am Krankenhaus in Schorndorf ist diese Beschäftigtenzahl aufgrund der räumlichen Begrenzungen jedoch nicht möglich. Trotz des Entgegenkommens der Stadtverwaltung als Verpächterin des Cafés und trotz der ordentlichen Auslastung durch Gäste sind die  Rahmenbedingungen vor Ort deshalb auf Dauer nicht geeignet für den Betrieb eines inklusiven Cafés. Ein Faktor, der die Werkstattleitung in coronabedingt ohnehin schwierigen Zeiten dazu zwingt, auch dieses ursprüngliche Vorzeigeprojekt schweren Herzens zu beenden.

Auch beim Angebot Hausbelieferungs-Service, bekannt als Bio-Kiste der hauseigenen Gärtnerei, haben sich die Rahmenbedingungen zuletzt stark verändert. Seit der Aufgabe des Gärtnereigebäudes und dem Wegfall der Bioland-Ackerflächen auf dem Gebiet der Hangweide in Kernen sind die Eigenproduktionsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Stattdessen musste zunehmend Gemüse hinzugekauft werden, um die Bio-Kiste für die Abonnenten ausreichend zu befüllen.

Hinzu kommt bei den betroffenen Angeboten, dass der durch Pflegesätze gedeckte Personalschlüssel für die Betreuungsmitarbeiter auf Dauer nicht ausreicht, um auch die jeweils anfallenden organisatorischen und logistischen Aufgaben zu bewältigen. Für das zusätzlich notwendige Betreuungspersonal mussten somit Mittel aus anderen Bereichen umverteilt werden, was in Zeiten individualisierter Pflegesätze im Zuge des neuen Bundesteilhabegesetzes nicht mehr möglich ist.  Ein Aspekt, der aber auch für das jährliche Arbeitsergebnis der Werkstätten eine wichtige Rolle spielt, aus dem die Löhne für die Mitarbeiter mit Behinderung generiert werden. Für die Remstal Werkstätten bedeutet dies, dass sie ihre Arbeits- und Beschäftigungsangebote auf die Bereiche fokussieren wollen, die auch unter den neuen Rahmenbedingungen einen Beitrag zum Arbeitsergebnis leisten und gleichzeitig Teilhabe an Arbeit ermöglichen.Thomas Illigmann, Geschäftsbereichsleiter der Remstal Werkstätten äußert sich zu den Entscheidungen: „Die Entscheidungen sind uns nicht leichtgefallen, weil wir wissen, dass die betroffenen Angebote von den Kunden gut angenommen werden und weil wir wissen, dass zahlreiche Menschen unsere Arbeit unterstützen wollen, indem sie bewusst diese Angebote nutzen. Allen von den Entscheidungen betroffenen Mitarbeitern mit Behinderung bieten wir auch weiter einen Arbeitsplatz bei uns an, der zu ihnen passt und der ihnen die Teilhabe an Arbeit ermöglicht. Und auch mit den betroffenen Betreuungsmitarbeitern sind wir bzgl. alternativer Arbeitsplätze bereits im Gespräch. Unser Anspruch ist schon immer die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben. Diesem Anspruch wollen wir auch unter den neuen Rahmenbedingungen gerecht werden.“

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