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Ohne Notenlesen klappt es auch - Corona hat auch für die Dienstagsrocker Konsequenzen
Die Band „Die Dienstagsrocker“ von den Offenen Hilfen der Diakonie Stetten hätte in diesem Jahr mindestens sechs Auftritte im Großraum Stuttgart gehabt. Doch die Corona-Pandemie ließ alle Auftritte platzen. Die Bandmitglieder mit Behinderungen freuen sich, dass sie zurzeit zumindest wieder im Freien proben können und Übungsleiter Heiko Weber hofft auf das nächste Jahr.
„Zum Glück können wir jetzt wenigstens wieder regelmäßig proben. Ich freue mich schon auf die Auftritte im nächsten Jahr“, erzählt Alfred Ayder. Der 41-Jährige gehört seit 2004 zu der Band „Die Dienstagsrocker“, die die Offenen Hilfen der Diakonie Stetten vor fast 20 Jahren gegründet haben. Alfred Ayder und seine Frau wohnen im Ambulant Betreuten Wohnen der Lebenshilfe und kommen selbständig mit der U-Bahn zum Proberaum der Offenen Hilfen in Stuttgart-Mitte. Aufgrund der Corona-Pandemie können sie zurzeit nur im Freien im Hinterhof der Offenen Hilfen proben – jedoch nur noch so lange, wie die Witterungsverhältnisse es zulassen. Damit dies überhaupt möglich wurde, mussten die Offenen Hilfen ein eigenes Hygienekonzept erstellen.
Alfred Ayder, der in den Neckartalwerkstätten arbeitet, hat sich das Gitarrespielen selbst beigebracht: „Ich habe mit 19 Jahren angefangen, mir im Internet Texte rauszusuchen, auf denen die Gitarrengriffe mit drauf waren“. In den vergangenen Jahren spielt er jedoch nicht mehr Gitarre in der Band, sondern singt, da es noch zwei weitere Gitarristen gibt. Notenlesen können er und die anderen sechs Bandmitglieder nicht. „Wir spielen die Songs alle auswendig. Bei jedem neuen Song überlegen wir uns, wie wir es vereinfachen können, so dass jeder gleich von Anfang an mitspielen kann. Dazu kleben wir z. B. verschiedene Farben oder Formen auf die Tasten“, erklärt Heiko Weber. Der Übungsleiter ist eigentlich Betriebswirt in einem Maschinenbauunternehmen und engagiert sich seit 2011 zusammen mit Marco Bell, einem weiteren Übungsleiter, bei den Dienstagsrockern. „Ich bin über meine Frau dazu gekommen, die damals bei den Offenen Hilfen der Diakonie Stetten arbeitete. Während des Studiums habe ich schon in einer Band gespielt, aber in den letzten Jahren bin ich nicht mehr so zum Musikmachen gekommen. Die Unterstützung bei den Dienstagsrockern erschien mir eine gute Möglichkeit, wieder regelmäßiger Musik zu machen“, erzählt der 42-Jährige. Gemeinsam mit den anderen Bandmitgliedern spielt er verschiedenste Songs aus Rock, Pop und Schlager und es werden auch mal selbst eigene Songs komponiert und getextet. „Wir haben z. B. den Song `Wo bist du?` und `Die Sonne geht auf über Stuttgart` selbst geschrieben und komponiert. „Ich habe auch eine Strophe getextet“, erzählt Alfred Ayder, der mit seiner Frau Jenny selbst gerne auf Konzerte geht. Für Jenny Ayder hatten die beiden Übungsleiter die Idee, einen sogenannten Sampler anzuschaffen, damit sie auf einfache Weise mitspielen kann. „Wir können damit unterschiedliche Klänge aufnehmen und Jenny kann sie dann an der entsprechenden Stelle per Knopfdruck einspielen“, erklärt Heiko Weber.
Die Bandmitglieder sind eine bunt gemischte Truppe und kommen aus verschiedensten Landkreisen rund um Stuttgart. Sie werden von unterschiedlichen Einrichtungen betreut und arbeiten zudem in verschiedenen Werkstätten. Musikunterricht nimmt nur der Schlagzeuger, „der auch ein wenig unser Rückgrat ist“, schmunzelt Heiko Weber. Er sei sehr talentiert und nehme schon seit er Kind ist Unterricht. Die anderen Bandmitglieder haben sich das Spielen des jeweiligen Instruments selbst beigebracht. „Wir sind sechs Kerle und eine Frau“, sagt Alfred Ayder. Für Heiko Weber ist sein Engagement bei den Dienstagsrockern ein Ausgleich zu seinem Arbeitsalltag, „der von vielen Zahlen geprägt ist“. „Wir spielen musikalisch auf einem guten Niveau und es macht Spaß. Trotzdem ist die Herangehensweise eine andere. Es geht einfach ums Mitmachen und Spaß haben und weniger darum, es perfekt zu machen. Wenn mal ein Ton danebengeht, dann ist es halt so“, lacht Heiko Weber. Auch für Alfred und Jenny Ayder sind „die Dienstagsrocker“ ein wichtiges Hobby. „Für mich ist die Band alles, weil mir Musik Spaß macht und ich gerne mit den anderen zusammen bin“, sagt Alfred Ayder.
Information:
Wer „Die Dienstagsrocker“ mit einer Spende unterstützen möchte, kann dies auf der Spendenseite www.betterplace.org/p85898 tun. „Die Dienstagsrocker“ würden sich gerne T-Shirts mit ihrem Bandnamen machen lassen und haben immer wieder Ausgaben für die technische Ausstattung oder die Anschaffung von Musikinstrumenten. So soll demnächst wieder ein neuer Film produziert werden, mit dem sich die Band für Auftritte bewerben kann. Auf Youtube gibt es unter www.dienstagsrocker.de/youtube.htm bereits ein paar Filme.