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Impfpflicht für alle oder für niemand - Diakonie Stetten fordert von der Politik, die einrichtungs-bezogene Impfpflicht auszusetzen
Kernen-Stetten, 25. Mai 2022 – Vor wenigen Tagen hat das Bundesverfassungsgericht die Klagen von betroffenen Mitarbeitenden aus dem Gesundheitswesen gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht endgültig abgewiesen. Nachdem die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht im Bundestag aber gescheitert ist und nachdem im Zuge des sinkenden Fallgeschehens nahezu alle allgemeinen Schutzmaßnahmen beendet wurden fordert die Diakonie Stetten in einem offenen Brief an die Bundes-Politik ein Ende der Ungleichbehandlung. Für die ohnehin schon stark belasteten Mitarbeitenden in den betroffenen Einrichtungen solle die einrichtungsbezogene Impfpflicht ausgesetzt werden.
In dem dreiseitigen Schreiben an Bundestagsabgeordnete aus der Region und an die Bundesminister Lauterbach und Heil erläutern die Vorstände Pfarrer Rainer Hinzen und Dietmar Prexl ihre Forderung. Viel Zeit und Energie habe die Diakonie Stetten von Anfang an investiert, um ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen und die Vorgaben für die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht in Baden-Württemberg zu erfüllen. Dies trotz des erheblichen administrativen Aufwands, trotz der über längere Zeit unklaren Vorgaben, trotz des Unmuts in Teilen der Mitarbeiterschaft und trotz der potentiellen Risiken für die Betreuung der Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf durch von den Gesundheitsämtern ausgesprochene Tätigkeitsverbote für nicht geimpfte Beschäftigte.
Das Ziel dieser Impfpflicht, nämlich der Schutz vulnerabler Personengruppen, sei von Anfang an ein zentrales Ziel des Corona-Krisenmanagements in der Diakonie Stetten, das mit umfassenden Schutzmaßnahmen verfolgt wird. Neben anderen Maßnahmen habe die Diakonie Stetten mit zahlreichen Impfaktionen und hohem persönlichen Einsatz der Führungskräfte für eine stetig steigende Impfquote unter den Mitarbeitenden gesorgt, die zuletzt bei über 90% angelangt ist.
Von Anfang an habe die Diakonie Stetten aber klargestellt, dass eine einrichtungsbezogene Impfpflicht nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer allgemeinen Impfpflicht sein könne. Eine nur auf die Mitarbeitenden der betroffenen Einrichtungen bezogene Impfpflicht könne den Schutz vulnerabler Personengruppen alleine nicht leisten, da sowohl die Bewohner und Klienten selbst, als auch Besucher oder weitere Kontaktpersonen das Virus in die Einrichtungen tragen könnten. Auch hätten die Erfahrungen aus der Omikron-Welle gezeigt, dass eine Impfung weder zuverlässig vor einer eigenen Ansteckung schützt, noch die Ansteckung anderer Personen verhindert. Vulnerable Personen seien deshalb durch eine Impfpflicht nicht besser geschützt als durch andere Maßnahmen. Der vergleichsweise geringe Nutzen einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht stehe somit auch nicht im Verhältnis zu dem hohen Aufwand, der für ihre Durchsetzung betrieben werden muss.
Auch nehmen die beiden Vorstände laut Schreiben deutlich wahr, dass die Mitarbeitenden ohnehin schon einen großen Teil der Last bei der Bewältigung der Pandemie zu tragen haben und nach mittlerweile über zwei Jahren Pandemie am Ende ihrer Kräfte angekommen sind. Erschöpfung und Frust der Mitarbeitenden zeige sich in deutlich ansteigenden Krankheitszeiten, aber auch in einigen Kündigungen. Für die Vorstände drängen sich aufgrund dieser Situation mehrere Fragen auf. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Wieso werden die Einrichtungen weiter als „Sonderwelt“ behandelt, während überall sonst in der Gesellschaft praktisch keine Einschränkungen mehr gelten? Wie sollen wir diese Ungleichbehandlung seitens der Politik unseren Mitarbeitenden vermitteln? Ist der immense bürokratische Aufwand überhaupt noch zu rechtfertigen, wenn sich die Verfahren weiter hinziehen und die Impfpflicht zum Jahresende ohnehin ausläuft? Kann die Gesellschaft es sich angesichts des Fachkräftemangels und des drohenden Wiederanstiegs der Fallzahlen im Herbst überhaupt leisten, auf qualifizierte Fachkräfte zu verzichten? Soll die zu erwartende Verschärfung der Infektionslage im Herbst erneut auf dem Rücken der Betreuenden und Pflegekräfte ausgetragen werden, weil die Politik nicht zu einem Konsens über eine allgemeine Impfpflicht fähig ist?“
Die Vorstände beschließen ihren Appell an die Politik mit einer deutlichen Forderung:
„Wir fordern Sie deshalb auf, rechtzeitig einen Neuanlauf zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht zu unternehmen oder - falls dies nicht geschieht - die einrichtungsbezogene Impfpflicht konsequenterweise ganz auszusetzen, um den Frust bei den ohnehin sehr belasteten Mitarbeitenden nicht weiter zu vergrößern und um allen Beteiligten den unverhältnismäßigen Mehraufwand zu ersparen. Mit dieser Forderung schließen wir uns den Forderungen anderer Verbände und Einrichtungen, aber auch den Forderungen von politischer Seite an, die bereits an die Adresse der Bundes- und Landesregierung gesendet wurden.“