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Generalistik gefährdet die Ausbildungskapazitäten für angehende Pflegefachkräfte

Alexander-Stift und Ludwig Schlaich Akademie der Diakonie Stetten weisen auf schwerwiegende Hindernisse beim Start der neuen generalistischen Pflegeausbildung hin. Für die zum 01. April 2020 startende generalistische Pflegeausbildung fehlen im Rems-Murr-Kreis praktische Ausbildungsmöglichkeiten in der Kinderkrankenpflege. Durch dieses und weitere Hindernisse können die vorhandenen Ausbildungsplätze für dringend benötigte Pflegefachkräfte nicht besetzt werden. Die Ausbildungsträger im Rems-Murr-Kreis sind alarmiert.

Die generalistische Pflegeausbildung, die deutschlandweit zum 01. April startet, vereint die bisher getrennten Ausbildungsberufe in der Altenpflege, der Krankenpflege und der Kinderkrankenpflege. Mit dem bereits zum 01. Januar 2020 in Kraft getretenen Pflegeberufereformgesetz will der Gesetzgeber den gestiegenen Anforderungen in der Pflege und den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen. Die neue einheitliche Ausbildung für alle Pflegeberufe soll eigentlich auch die Attraktivität der Pflegeberufe erhöhen und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Im Rems-Murr-Kreis ist die Umsetzung der Reform nach Ansicht der dortigen Ausbildungsträger jedoch massiv ins Stocken geraten. Die berufsfeldübergreifende Ausbildung macht Kooperationen verschiedener Pflegeeinrichtungen notwendig, die nicht einfach zu organisieren sind. Ein großes Problem stellt insbesondere der Pflichteinsatz von mindestens 60 Stunden im Bereich der Kinderkrankenpflege dar, da im Kreis nur wenige pädiatrische Einrichtungen vorhanden bzw. für Ausbildungszwecke anerkannt sind. Die Kinder- und Jugendmedizin des Rems-Murr-Klinikums Winnenden stellt zum Beispiel aufgrund des Eigenbedarfs nur wenige Einsatzplätze für andere Ausbildungsträger zur Verfügung. Das Regierungspräsidium in Stuttgart genehmigt jedoch keine Einsatzstellen, die nicht explizit als pädiatrische Einrichtungen anerkannt sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die neu geschaffene Koordinierungsstelle beim Landratsamt voraussichtlich erst Anfang April besetzt werden kann. Die in der „AG Masterplan“ zusammengeschlossenen Pflegeschulen schätzen, dass im Rems-Murr-Kreis 100 bis 120 Einsatzplätze in der Kinderkrankenpflege fehlen, so dass eine ebenso große Zahl an Ausbildungsplätzen pro Jahr gefährdet sind. Dies bringt auch eine existentielle Gefährdung der Pflege-Fachschulen mit sich.

Für Gaby Schröder, Geschäftsführerin des Alexander-Stifts, ist die aktuelle Situation angesichts des herrschenden Fachkräftemangels nicht hinnehmbar: „Wir begegnen der Mangelsituation, indem wir intensiv für den Pflegeberuf werben und die Rahmenbedingungen für die Ausbildung laufend verbessern. Auch haben wir unsere Ausbildungskapazitäten deutlich erhöht und erfreulicherweise zahlreiche Bewerbungen erhalten. Die aktuellen bürokratischen und organisatorischen Hindernisse bremsen uns aber massiv aus. Sie stehen in krassem Widerspruch zu den Zielen der Ausbildungsoffensive Pflege der Bundesregierung, die bis 2023 die Zahl der Ausbildungsplätze um 10 Prozent steigern will.“

Jens Weber, Geschäftsführer der Ludwig Schlaich Akademie in Waiblingen, die sich mit ihrer Altenpflegefachschule der AG Masterplan angeschlossen hat ergänzt: „Zwar können wir einen Teil des Bedarfs an Pädiatrie-Einsatzstellen in Einrichtungen der Diakonie Stetten auffangen, aber das reicht bei weitem nicht aus. Wenn nicht ausreichend Einsatzstellen für alle Interessenten zur Verfügung stehen können womöglich unsere Kurse nicht starten. Wir müssten motivierte junge Leute enttäuschen und der Ausbildungsjahrgang müsste komplett gecancelt werden. Das wäre angesichts des bestehenden Mangels eine fatale Entwicklung.“

Gaby Schröder und Jens Weber sind sich mit den weiteren Ausbildungsträgern im Rems-Murr-Kreis einig, dass bei der Umsetzung der Ausbildungsreform noch dringender Unterstützungs- und Nachbesserungsbedarf besteht. Sie fordern die politischen Akteure auf, die bestehenden Hürden schnellstmöglich abzubauen. Jens Weber präzisiert: „Konkret würde es helfen, wenn die Landesregierung, zumindest übergangsweise, Voraussetzungen schafft, dass die Ausbildung zur Pflegefachfrau / zum Pflegefachmann auch ohne verpflichtende Ableistung des 60 Stunden Pflichteinsatz in der Pädiatrie absolviert werden kann. Es wäre fatal, wenn dringend benötigte Ausbildungsplätze aufgrund eines nicht erfolgten Einsatzes von etwa anderthalb Wochen -  bei einer Gesamtdauer von drei Jahren - wegfallen.“

Hintergrund:

Das im Juli 2017 beschlossene Pflegeberufereformgesetz ist zum 01.01.2020 in Kraft getreten. Die bisher im Altenpflegegesetz und im Krankenpflegegesetz getrennt geregelten Pflegeausbildungen werden in einem neuen Pflegeberufegesetz zusammengeführt. Alle Auszubildenden erhalten zwei Jahre lang eine gemeinsame, generalistisch ausgerichtete Ausbildung, in der sie einen Vertiefungsbereich in der praktischen Ausbildung wählen. Auszubildende, die im dritten Ausbildungsjahr die generalistische Ausbildung fortsetzen, erwerben den Berufsabschluss „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“. Auszubildende, die ihren Schwerpunkt in der Pflege alter Menschen oder der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sehen, können wählen, ob sie – statt die generalistische Ausbildung fortzusetzen – einen gesonderten Abschluss in der Altenpflege oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflege erwerben wollen.
(Quelle: www.bundesgesundheitsministerium.de/pflegeberufegesetz.html)

In der „AG Masterplan“ zur Koordinierung der Ausbildungsaktivitäten im Rems-Murr-Kreis haben sich folgende Pflegeschulen zusammengeschlossen:

  • Camphill gGmbH – Berufsfachschulen für Altenpflege und Altenpflegehilfe Fellbach
  • Ludwig Schlaich Akademie der Diakonie Stetten - Pflegefachschule Waiblingen
  • Maria-Merian-Schule Waiblingen
  • Ev. Altenpflegeschule Weinstadt-Beutelsbach, Großheppacher Schwesternschaft
  • Ev. Pflegeschule Backnang, Stiftung Altenheime Backnang und Wildberg
  • Bildungszentrum für Gesundheitsberufe Winnenden
  • Diakonisches Institut für soziale Berufe gGmbH, Berufsfachschule für Pflege

Die AG wird vom Landratsamt des Rems-Murr-Kreises unterstützt.

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