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Bei auffälligen Kindern immer Eltern miteinbeziehen - Fachtag an der LSAK zum Thema „Psychisch kranke Eltern“
Waiblingen, 13. März 2024 – Vor kurzem fand die bundesweite Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien statt. Auch die Ludwig Schlaich Akademie der Diakonie Stetten widmete sich im Rahmen eines Fachtags dem Thema „Psychisch kranke Eltern“. Der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychologie, Dr. Michael Hipp, referierte über Auswirkungen auf das elterliche Fürsorgeverhalten und die kindliche Bindungsentwicklung, wenn Eltern psychisch belastet sind. Mehr als 100 Fachkräfte aus der Jugendhilfe, Bildungsinstitutionen und dem Gesundheitswesen aus ganz Baden-Württemberg bildeten sich fort und diskutierten zum Thema.
„In den Aufgabenbereichen des Gesundheitswesens, der Kinder- und Jugendhilfe und der Bildungseinrichtungen, wie z. B. Kindertagesstätten und Schulen, wächst die Zahl der Familien mit Hilfebedarf. Im Rahmen von Problemlagen stehen dabei Minderung der Erwerbsfähigkeit, Überschuldung, Desorganisation bei der Haushaltsführung, Konflikte mit den Behörden sowie Trennung und Scheidung im Vordergrund. Es ist wichtig, dass der Kinderschutz als zentrale gesellschaftliche Aufgabe in den Mittelpunkt gerückt wird und Fachkräfte qualifiziert werden“, zitierte Astrid Sander, Geschäftsführerin der Ludwig Schlaich Akademie bei ihrer Begrüßung von der Webseite des Referenten.
Eine psychische Erkrankung bei einem oder beiden Elternteilen führt nicht selten zu einer schweren Beeinträchtigung des familiären Zusammenlebens. Die betroffenen Kinder sind dabei besonderen Belastungen und Gefährdungen ausgesetzt. Das frühzeitige Erkennen und Einordnen psychischer Verhaltensauffälligkeiten der Eltern und ihrer Kinder bildet die Voraussetzung für wirksame pädagogische und therapeutische Unterstützung. Der Psychiater Michael Hipp aus Mettmann in Nordrhein-Westfalen legte in seinem Vortrag den interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern zunächst die Zusammenhänge von psychischen Erkrankungen dar: „Psychische Erkrankungen können bereits in der Schwangerschaft entstehen. Wenn der Vater oder die Mutter traumatische Erlebnisse durchgemacht haben und sich dadurch eine Genmutation entwickelt, dann kann sich dies auf das Kind übertragen und die Neugeborenen sind dann stressanfälliger“. Oft seien es Gewalt, finanzielle Nöte oder Partnerschaftskonflikte, die Eltern belasten und zu psychischen Erkrankungen, wie z. B. Angststörungen, Depressionen, Schizophrenie oder Suchterkrankungen führten. „Viele Eltern haben in ihrer Vergangenheit selbst eine negative Bindungsgeschichte zu ihren Eltern erlebt. Das Schreien des eigenen Kindes und die dauerhaften Belastungen, wie z. B. Schlafentzug, triggern sie wiederum. Dadurch steigt der Stress und durch den Versuch der Stressbewältigung entstehen oft Konflikte, Gewalt, Sucht und psychische Erkrankungen bei den Eltern“, erklärte Michael Hipp, der sich unter anderem auch für die Prävention bei Kindern psychisch kranker Eltern einsetzt. Kinder seien sehr feinfühlig und würden alles mitbekommen. Deshalb sei es so wichtig für die Fachkräfte, wie z. B. Erzieherinnen und Erzieher, bei auffälligen Kindern immer auch die Eltern miteinzubeziehen.
Nicole Kühn-Widmann und ihre Kollegin Jasmin Schurr, sind beide Erzieherinnen in einem Kindergarten in Waiblingen und hatten sich für den Fachtag angemeldet. „Das Thema ist sehr aktuell, denn es gibt immer mehr belastete Familien und wir bemerken auch, dass sich das auf die Kinder auswirkt. Es ist wichtig, Symptome einordnen zu können und deshalb haben wir uns für den Fachtag angemeldet“. Auch Daniela Weimert und Franziska Kaiser von der Interdisziplinären Frühförderstelle aus Heilbronn waren zum Fachtag angereist, weil sie als Logopädin und Physiotherapeutin „mit vielen Kindern zusammenarbeiten, von denen oft ein Elternteil eine psychische Erkrankung hat“.
Um Bildungsprozesse mit Kindern zu starten, müsse laut des Referenten, vorrangig das Bindungssystem der Eltern und Kinder beruhigt werden. Pädagogische Fachkräfte werden zu „Sicherheitsbeauftragten“. Erst wenn die Eltern sich in Sicherheit fühlen, ist Entwicklung möglich. „Der Traumabegriff ist durch die Erlebnisse von Flüchtlingen immer wichtiger geworden“, erklärte Michael Hipp. Kinder würden automatisch Verantwortung übernehmen, wenn für sie nicht gesorgt werde und sie spürten, dass es den Eltern nicht gutgehe. „Achtsamkeit, Yoga oder Bewegungsrhythmen können helfen, dass Eltern Strategien finden, um sich selbst zu regulieren“, sagte Michael Hipp, der mit praktischen Beispielen und seiner dynamischen Vortragsweise bei einer angenehmen Atmosphäre die Aufmerksamkeit des Publikums aufrechterhielt.