- Geschäftsbereich Berufliche Bildung
BAZ-Projekt „Vom Baum zum Brett“ lehrt Ehrfurcht vor dem Material
Auszubildende aus dem Beruflichen Ausbildungszentrum Esslingen helfen beim Fällen und Verarbeiten von alten Bäumen und profitieren für die Ausbildung.
„Vom Baum zum Brett“ haben die beiden Ausbilder Martin Lubich und Simone Troche-Abel und die Auszubildenden der Schreinerei im Beruflichen Ausbildungszentrum Esslingen (BAZ) das Projekt getauft, das sie über Monate beschäftigt hat. Ein Grundstückseigentümer in Esslingen-Zell hatte dem BAZ alte, verwilderte Obstbäume, die kaum noch Früchte trugen, zum Fällen angeboten - das Holz durften sie behalten. Das BAZ sagte gerne zu und rückte im Februar mit einem zehnköpfigen Team an, um einen Kirschbaum, zwei Birnbäume und zwei Erlen zu fällen. „Das ist wirklich edles und teures Holz, das sich gut für Möbel eignet und das wir uns sonst nicht leisten könnten“, sagt Martin Lubich. „Wir bekommen zwar manchmal Bäume geschenkt, aber ein so großes Projekt haben wir noch nie gemacht.“
Auf der abschüssigen Wiese in Zell wartete viel Arbeit auf die Azubis: zunächst mussten die gefällten Stämme entastet und in etwa 2,50 Meter lange Stücke gesägt werden. Schwerstarbeit war es auch, die Stämme anschließend den Hang hochzuziehen. Dafür hat das Team extra einen Schlitten gebaut, dessen Kufen aus alten Skiern bestehen.
Für Chantal (18) und Christian (27), beide im zweiten Lehrjahr als Fachpraktikerin Holzverarbeitung bzw. Schreiner, ein schweißtreibendes, aber spannendes Projekt. „Man kriegt eine ganz andere Wertschätzung für das Material“, sagt Christian.
„Wir wollten den jungen Menschen zeigen, wo die Bretter, die wir verarbeiten, herkommen und wie viel Arbeit drinsteckt“, so Lubich. Er hat den Azubis erklärt, dass ein Baum vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten von jemandem als kleines Pflänzchen gesetzt wurde. Sein Ziel: „Ich möchte auch Ehrfurcht vermitteln für das, was man als Schreiner in der Hand hält.“ Das scheint gelungen. Sie hätten die Jahresringe gezählt, berichtet Christian. Bei einem Baum kamen sie auf 120 Jahre. „Das hat auch unsere Einstellung zur Umwelt verändert“, sagt der 27-Jährige.
Einen „Heidenrespekt“ habe er gehabt, als die hohen Bäume gefällt wurden. Das haben allerdings die beiden Ausbilder erledigt. Doch danach hätten sie alle körperlich an ihre Grenzen gehen müssen, gesteht Christian. Für Chantal, die einzige Frau unter den Azubis, eine besondere Herausforderung: „Ich konnte beweisen, dass ich stark bin und auch eine Frau sowas hinkriegt“, sagt sie nicht ohne Stolz. Auch wenn nicht jeder gleich engagiert gewesen sei, war es am Ende doch eine tolle Teamarbeit, meint Christian. Manches, wie etwa das Hochziehen der Stämme, sei nur gelungen, weil alle mithalfen. Die Arbeitsmoral habe sich verändert im Lauf der Arbeit auf der Wiese, hat Lubich beobachtet. Einige waren anfangs noch zurückhaltend, packten dann aber immer stärker mit an. „Nach dem ersten Tag wollten sie nur noch auf die Wiese.“
Nun lagern rund sieben Kubikmeter Holz unter einem Dach vor der Schreinerwerkstatt. Das ist etwa die Menge, die in der Schreinerei des BAZ jährlich für die Azubis aller drei Lehrjahre benötigt wird. Doch noch ist Geduld gefragt: Ein bis zwei Jahre muss das Holz trocknen, bevor es verarbeitet werden kann. Dann will Christian als sein Gesellenstück aus dem Birnenholz einen kleinen Tisch machen. Für ihn ist das Projekt etwas ganz Besonderes: „Andere Schreiner-Azubis kennen das nicht, dass sie selbst mit Hand anlegen, um an ihr Holz zu kommen.“
Björn Hermann, Teamleiter für Berufliche Rehabilitation und Teilhabe bei der Agentur für Arbeit, ist begeistert von dem Erfolg des Projekts: „Dies ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie wir über die Agentur für Arbeit Jugendliche mit Beeinträchtigungen durch Hilfen bei der Ausbildung unterstützen!
Text und Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger
Wer dem BAZ einen Baum spenden möchte, kann sich an Martin Lubich wenden unter Tel. 0711 931854-224 oder martin.lubich@baz-esslingen.com, siehe auch www.baz-esslingen.com