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Arbeitsaufträge geben Tagesstruktur
Bildungsbegleiter erstellen individuelle Aufgaben für zuhause. Die Remstal Werkstätten der Diakonie Stetten sind aufgrund der Corona-Pandemie seit acht Wochen geschlossen. Die Angebote für Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen aus dem Berufsbildungsbereich gehen jedoch in virtueller Form weiter. Die Bildungsbegleiter erstellen wöchentlich individuelle Bildungs- und Beschäftigungsangebote, die die Teilnehmenden zuhause selbständig bearbeiten können.
„Als die Werkstätten geschlossen wurden, haben wir sofort angefangen zu überlegen, wie wir im Berufsbildungsbereich der Remstal Werkstätten weiter mit den Leuten arbeiten können“, erzählt Tanja Bahler-Knödler, Teilbereichsleitung im Berufsbildungsbereich. Die Bildungsbegleiter des Berufsbildungsbereichs unterstützen und qualifizieren Menschen mit geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Diese Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation wird von der Agentur für Arbeit oder dem Rentenversicherungsträger finanziert. Ziel ist es, während der Maßnahmedauer von zwei Jahren und drei Monaten, einen Arbeitsplatz zu finden, der den Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen der jeweiligen Person entspricht. „Es ist sehr wichtig, dass die Menschen weiterhin eine Tagesstruktur haben, auch wenn sie momentan zuhause oder in der Wohngruppe sind“, sagt Tanja Bahler-Knödler. Daher erstellte sie mit dem Team ein Konzept, wie die Bildungsmaßnahme in anderer Form fortgeführt werden kann und die Menschen mittels individuell erstellter Angebote im Alltag unterstützt werden können. „Wir haben eine Liste erstellt, wann und wie oft die Bildungsbegleiter die Teilnehmenden kontaktieren. Daneben mussten wir auch erst herausfinden, auf welche Art und Weise diese kontaktiert werden wollen. Manche können z. B. mit dem Computer nicht so gut umgehen und wollen die Unterlagen lieber mit der Post zugeschickt bekommen. Andere kennen sich mit Mail und Handy gut aus“, so Tanja Bahler-Knödler.
Im Laufe der vergangenen Wochen haben die Bildungsbegleiter viel Material zusammengetragen, neu erarbeitet und individuell an die jeweilige Person angepasst. „Dazu gehören z. B. Arbeitsblätter, mit denen sich die Teilnehmenden des Berufsbildungsbereichs auch mal eine Stunde selbst beschäftigen können, Tipps zur Ernährung und zu Entspannungsmethoden zum Nachmachen sowie Anleitungen, wie man seinen Tag strukturieren und sich Rituale schaffen kann. Außerdem sind z. B. auch Hinweise zu den Hygieneregeln dabei oder Bewegungsangebote“, erklärt Tanja Bahler-Knödler. Die Maßnahme wird weiterhin von der Agentur für Arbeit bzw. dem Rentenversicherungsträger finanziert, daher legte Tanja Bahler-Knödler das erarbeitete Konzept vor.
Simone Alt ist Bildungsbegleiterin in den Remstal Werkstätten und arbeitet zurzeit auf ganz andere Weise als gewohnt. Normalerweise verbringt sie ihren Arbeitstag mit den Teilnehmenden in der Werkstatt. Jetzt arbeitet sie von zuhause aus und kommuniziert mit ihnen über Telefon oder Email. „Ich stelle für jeden Einzelnen für die Woche Arbeitsaufträge zusammen, die individuell zugeschnitten sind. Ein bis zweimal pro Woche telefonieren wir zu festen Telefonzeiten“, erzählt die Bildungsbegleiterin. Die Aufgaben und Arbeitsangebote sind vielfältig: „Ich habe in den letzten Wochen unzählige Unterlagen zusammengestellt. Da sind z. B. Dokumente zur Arbeitssicherheit dabei, Geschichten zum Lesen und Fragen beantworten, Wahrnehmungsübungen, Rätsel, bei denen man Wörter einfügen muss oder auch Mandalas zum Ausmalen“. Wichtig ist dabei, dass die Arbeitsaufträge individuell auf das Wissen und Können der Teilnehmenden zugeschnitten sind. Dabei ist Simone Alt „immer wieder begeistert, was diese alles können“ und welche Ideen sie haben. So hat eine Frau mit psychischer Erkrankung vor kurzem ein ganzes Kochbuch geschrieben. Zudem können die Teilnehmenden auch ihre Themenwünsche mitteilen. „Ich habe z. B. Material über Recycling, Mülltrennung, den Körper und die Jahreszeiten erarbeitet und zusammengestellt. Das bedeutet für mich, dass ich selbst immer erst einmal recherchieren muss. Außerdem ist es wichtig, die Informationen so aufzubereiten, dass es die Menschen verstehen und bearbeiten können“, sagt Simone Alt. Kürzlich fand eine Umfrage zur Zufriedenheit unter den Teilnehmenden statt. „Das Ergebnis war sehr positiv. Sie haben in den letzten Wochen neue Arbeitsformen und Arbeitsmöglichkeiten kennengelernt. Allerdings vermissen die Menschen den gewohnten Tagesablauf, die Kollegen und auch uns“. Von dem vielen Schulungsmaterial, das in sehr kurzer Zeit erstellt und aufbereitet wurde, werden die Bildungsbegleiter nach der Coronazeit zumindest noch profitieren können.